Dienstag, 12. April 2011

Beim Amtsgericht

Heute habe ich einen Prozeß gegen einen 56-jährigen Türken verfolgt, der der Anstiftung zur Falschausage angeklagt war. Der Angeklagte G. wohnt seit 1971 in Deutschland, brauchte aber für den Prozeß einen Dolmetscher. In der 80er Jahren hat er eine kleine Spedition geführt, aber diese ist mit rund 500.000 DM in Insolvenz gegangen. Seit dem führte zunächst seine Frau eine Spedition und jetzt sein Sohn. Der arbeitslose Angeklagte hat kein eigenes Einkommen und wird von seinem Sohn unterhalten. Man wohnt im Hause der Ehefrau. Die Schulden aus der Insolvenz werden nicht mehr bedient und belaufen sich noch auf rund 150.000 Euro, aber das wußte der Angeklagte nicht genau.


Als einer der drei Söhne des Angeklagten G. beim Fahren ohne Fahrerlaubnis erwischt wird, soll G. einen Zeugen angestiftet haben, gegen Zahlung von 600 Euro, eine Falschaussage zu machen. Der Zeuge hat daraufhin diese Falschaussage auch beim Amtsgericht und in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht gemacht und ist inzwischen auch deswegen verurteilt. Er hatte erklärt, eine andere Person sei der Fahrer gewesen.


Dem Angeklagten wurde seitens dem Richter und dem Staatsanwalt klar gemacht, dass er mit einer milden Strafe wegkäme, wenn er heute geständig sei. Dann sei eine Strafe von 6 Monaten auf Bewährung möglich, andernfalls müsse er mit einer erheblich höheren Strafe rechnen. Der Angeklagte hatte aber offensichtlich Schwierigkeiten, sich mit dem Gedanken anzufreunden, die Wahrheit zu sagen. Sein Verteidiger mußte mehrfach um kurze Unterbrechung bitten und ihm außerhalb des Gerichtssaals mit Hilfe des Dolmetschers klar zu machen, dass dies die einzige Chance war, mit Bewährung wegzukommen. Immerhin hatte das Gericht acht Zeugen einbestellt und es schien ein langer Prozeßtag zu werden. Im Prozeßverlauf war zu hören, das zwei seiner Söhne derzeit im Gefängnis sitzen. Einer davon wurde später kurz vor Ende des Prozesses in Handschellen durch zwei Beamte der JVA vorgeführt.


Der Angeklagte G. gab dann zu, den Zeugen beeinflußt zu haben, ohne aber die 600 Euro zu zahlen. Auf die Frage, warum er nicht gezahlt hatte, gab er an: "Ich hatte kein Geld".


Der Richter zählte dann noch das Vorstrafenregister des Angeklagten auf, das mehr als ein halbes Dutzend Verurteilungen wegen verschiedenster Straftaten enthielt. Zuletzt 1998 wegen versuchter Bestechung. Da hatte er versucht mit gefälschten Papieren ein Gewerbe anzumelden und als der Sachbearbeiter darauf bestand, die Originale statt der vorgelegten Kopie zu sehen, schob er ihm 1.000 DM über den Tisch.


Meiner Ansicht nach hat G. bis heute kein Unrechtsbewußsein gezeigt oder entwickelt. Er ist offensichtlich der Meinung mit Tricks oder Geld könne man alles regeln.


Schlußendlich wurde G. zu 6 Monaten Freiheitsstrafe mit einer Bewährungszeit von drei Jahren verurteilt. Außerdem muss er 2.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Er wollte noch mit dem Richter über die Höhe der Raten verhandeln, der ließ sich aber nicht drauf ein.
Ich persönlich fand die Strafe angesichts der vielen Vorstrafen zu milde.
Aber interessant war es mal wieder.

Euer Burkhard

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